Autor: Bernd Engelmann
Die Strata antiqua Lusitiae -
Die älteste Straße der Oberlausitz und ihre Burgwarte.
Die erste Besiedlung der Oberlausitz erfolgte ungefähr 800 vor Christi
bis 400 unserer Zeitrechnung durch germanische Stämme, die dann
westwärts über den Rhein abwanderten.In diesen vorwiegend menschenleeren Raum wanderten
slawische Stämme aus dem Gebieten östlich der Weichsel und aus dem
heutigen Böhmen ein. Von ihren germanischen Nachbarn wurden sie Wenden
genannt, sie selbst nannten sich Serbi, zu deutsch "Sorben".
Ihre etwa 60.000 Nachfahren leben heute noch in der Ober- und
Niederlausitz. In der Oberlausitz siedelte sich der Stamm der Milzener
an , in der Niederlausitz der der Lusitzi.In dieser Zeit war das Gebiet der Oberlausitz von
dichten urwaldartigen Wäldern überzogen. Die Bäche und Flüsse waren
damals mächtiger und wechselten ständig ihr Bett, was zur Folge hatte,
dass sich weite Sumpfauen und Seen bildeten. Bären, Wölfe und Wisente
waren weit verbreitet. Die slawischen Stämme siedelten meist im flachen
Land, nicht über 200 m über Meereshöhe und auf leichten Böden, den
sie mit dem Hakenpflug bearbeiteten. Dazu wurde Wald durch Brandrodung
und Fällen von Bäumen in Siedlungsflächen verwandelt. Ihre Häuser
waren Pfahlbauten oder einfache Blockhäuser mit Schilfdeckung.Ihren Lebensunterhalt bestritten sie durch Ackerbau,
Viehzucht, Fischfang und Bienenhaltung. Auf einfachen Webrahmen webten
sie grobe Stoffe und gerbten Häute.Die slawischen Familien lebten in Verbänden und
Sippen meist in friedlicher Nachbarschaft. Gelegentlich kam es zu kriegerischen
Auseinandersetzungen zwischen den Sippen und Stämmen. Um bei diesen Auseinandersetzungen Schutz zu finden,
legten die Stämme unter Führung ihres Oberhauptes Rundburgen mit
Palisadenbewehrung an. Nach Neustubny gab es in der Oberlausitz ungefähr
100 solcher Wallburgen, in der Niederlausitz ebenso viel. So konnte sich der Stammesverband mit Vieh und
Nahrungsmitteln bei kriegerischen Auseinandersetzungen in die Burg
zurückziehen. Im Jahre 928 unternahm der deutsche König Heinrich 1.
mit einem Ritterheer östlich der Elbe einen Feldzug gegen die Slawen. 932 wurde der Stamm der Milzener unterworfen. Damit wurde den Slawen die Tributpflicht auferlegt.
Noch 929 begannen die Deutschen mit der Errichtung
ihres künftigen Hauptstützpunktes Meißen an der Elbe. Für ein weiteres Bollwerk in der Oberlausitz wurde
Bautzen auserkoren. Von den etwa 100 slawischen Stammesburgen wurden etwa
ein Dutzend als deutsche Burgwarte übernommen und befestigt und weiter
aufgebaut. Als Gründe sind die stetig wachsenden Erhebungen und
Aufstände der Slawen zu sehen, die sich besonders gegen die
Tributpflicht auflehnten. Nach der Gründung des Bistums Meißen im
Jahre 968 begann eine Bekehrung der Slawen von ihren vorwiegend
heidnischen Glauben zum Christentum, was besonders erbitterten
Widerstand hervorrief. Zu diesem Zwecke wurden in den Burgwardeien Urpfarren
bzw. Mutterkirchen mit einem Erzpriester eingerichtet. Von Meißen aus reihten sich die Burgwardeien wie
eine Perlenkette durch die Oberlausitz. Ihr Ende war die Stadt
Seidenberg, das heutige polnische Sawydow. Der dortige Burgwart war eine
so genannte Hochburg. In diesem Bereich befanden sich riesige
Ländereien des Meißner Bischofs, die bis an die Queiss reichten. All
diese Burgwardeien wurden durch eine Straße verbunden.
Im Jahre 1004 schenkte Heinrich II. auf Anregung seiner Gemahlin
Kunnigunde 3 weitere Burgwarte dem meißner Bischof. Diese waren Godobi,
Ostrusna und Trebista. Godobi dürfte das heutige Göda sein. Ostrusna
wäre demzufolge Ostritz. Trebista könnte eventuell Kittlitz gewesen
sein.Um aber inmitten der Oberlausitz, dem Milzenerland, einem festen
Stützpunkt zu haben, wurde auf einem Felssporn hoch über der Spree
eine Hauptburg errichtet, die heutige Ortenburg. Meist lagen diese
Burgwarte aus strategischen Gründen an Flussübergängen. Um jetzt in
Gefahrenzeiten oder dem Transport des Tributs nach Meißen bzw.
Truppenbewegungen war ein guter Verbindungsweg unbedingt erforderlich.
Verwaltet wurden die eroberten Gebiete durch einem vom König
eingesetzten Markgrafen. Er hatte seinen Sitz neben dem Bischof in
Meißen. Verfolgt man diesen Weg von Meißen nach Seidenberg, so hatte er
folgenden Verlauf: Meißen – Stolpen – Doberschau – Göda –
Bautzen – Kittlitz – Jauernick –
Seidenberg. Mit der beginnenden Eingliederung des
Sorbenlandes (Milzener) nach 929 (Burg Meißen) begann Heinrich I. das
Land als Herrschaftsbereich dem Deutschen Reich einzuverleiben. Alles
eroberte Land gehörte dem König. Es entstanden die Burgwardeien. Nach der Einverleibung ins Deutsch Reich begann die
Christianisierung (Missionsstationen) der slawischen Bevölkerung. Der
Bischof von Meißen war somit außer seiner kirchlichen Aufsicht
Grundherr dieses Gebietes geworden. Es ist mit größter Wahrscheinlichkeit anzunehmen,
dass in Kittlitz ebenfalls eine Burgwardei existierte. Speer spricht von einer Reichsburg am Löbauer Wasser
1071 am Übergang der Strata antiqua Lusitiae zur Sicherung der Furten
des Löbauer Wassers. Es entstand die Notwendigkeit, die vorhandenen
Missionsstationen miteinander zu verbinden. In Kittlitz entstand in
dieser Zeit die dritt älteste Kirche unseres Gebietes (Urpfarrei). Die von Kittlitz waren das älteste Adelsgeschlecht
der Oberlausitz. Sie wurden durch den ersten böhmischen König Wladisiaw II. für treue Gefolgschaftsdienste mit einem großen
Gebieten der heutigen Oberlausitz beschenkt. Dietrich von Kittlitz erwählte man 1190 zum Bischof von Meißen
Conrad und Burchard von Kittlitz bemächtigten sich unrechtmäßig der
Herrschaft und Burg Seidenberg (Sawydow). Seidenberg gehörte zu den
bischöflich-meißnischen Besitzungen. 1187 wurden sie mit dem Bann
belegt. Kittlitz wurde zu Beginn des 13. Jh. Erzpriestersitz. Dr. Seeliger beruft sich auf Schönwälder, wenn er
meint, Zitat: "Wenn mit Schönwälder der alten Missionsstation
Kittlitz, die wohl früh Mittelpunkt eines Burgwards, dann einer
Herrschaft und Sitz eines Erzpriesters war, eine besondere Bedeutung im
ältesten Straßennetze eingeräumt werden soll, dann entspricht es der
urkundlichen Überlieferung den Straßenresten noch mehr, eine dritte
Straße von Osten über Kittlitz selbst anzunehmen. Sie zweigt bei
Eiserode als Alte Straße von Bautzen-Löbauer ab (Oberreit), läuft
über die Buttermilchschmiede und die Munschke nach Kittlitz,
überschreitet bei der Gemauerten Mühle und den daneben liegenden
Rundwall das Löbauer Wasser, geht durch Niederbellwitz, bei der
Buschmühle über das Rosenhainer Wasser, mündet bei Zoblitz in die
Diebsstraße an der Flurgrenze von Sohland und Reichenbach, geht als
Nonnenweg durch Gersdorf und Friedersdorf. Weiter führt er durch
Jauernick am dortigen Burgward vorbei nach Tauchritz, dann über die
Neiße bei Radmeritz weiter nach Schönberg und endet in Seidenberg
(Sawydow) an der dortigen Hochburg. Hier erstrecken sich ländliche
Besitzungen des Meißner Bistums bis an die Queiss."
Die Furt über das Löbauer Wasser am Alten Wall in der Georgewitzer
Skala
(Gemälde von Michael Franke, Ebersbach)
Weitere Abschnitte sind noch in Waditz vorhanden. Es
folgen Breitendorf, die Munschke, unterer Teil der Ringstraße bis
Gerichtskretscham und Schmiede (beides abgerissen) über die
Neukittlitzer Straße, über die Burg Kittlitz, Gemauerten Mühle,
östlicher Hof. Die Furt an der Burg ist auf alten Bildern noch zu
sehen. Laut Schrammek und Seeliger wird bestätigt, dass in Kittlitz ein
Straßenabzweig nach Prag
vorhanden war. Er führte etwa von Gerichtskretscham, den steilen
Kittlitzer Berg nach Süd über Unwürde, durch die Kittlitzer Hohle an
der jetzigen Baumschule vorbei, weiter durch die Gasse am Oberlausitzer
Hof (die Stadt Löbau existierte noch nicht - 1221) vorbei an
Ruppersdorf, über den Lückendorfer Pass durch Böhmen nach Prag. Es
ist auch davon auszugehen, dass sich der Verlauf der Straße oder Weges
sich ständig änderte , bedingt durch morastigen Unterbau, oder stetige
Hochwasser und Überschwemmungen. Beispielsweise führte noch ein Abzweig der Strata antiqua Lusitiae
über Oppeln. Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass diese Straße
die älteste der Oberlausitz ist. Aber schon im Mittelalter verlor diese
Straße an Bedeutung. Andere Wege liefen ihr den Rand ab, wie
beispielsweise die Via Regia, die Königsstraße. Aber hin und wieder war sie doch wieder in Gebrauch
hauptsächlich in Kriegszeiten - zu Truppenbewegungen. Letztmalig in den
Napoleon Kriegen 1813, dann verfiel sie endgültig.
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Foto: Günter Vogel, 19.10.2021
Günter Vogel:
„Steht man an der alten Gaststätte „Gemauerte Mühle“, welche in ihrer Andresse die Bezeichnung
„Alte Lausitzer Straße“ trägt und sich gen Westen wendet, so kann man die Reste dieser alten Staatstraße
erkennen. In der Phantasie fährt eine Pferdekutsche bergab, man hört den Hufschlag der Pferde und spürt
das Rollen der Eisenräder. Der Kutscher dreht kraftvoll an der Kurbelbremse, um das schwere Fuhrwerk
abzubremsen. Das Gefährt kommt somit sicher an der Furt an und überquert das Löbauer Wasser, um in
Richtung Bellwitz und dann gen Seidenberg, dem heutigen Zawidów, weiterzufahren.“
Foto: Günter Vogel, 19.10.2021
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