Löbauer Sagen

Löbauer Sagen

www.loebaufoto.de/

Sage von der Gründung Löbaus

Zwischen Löbau und Großschweidnitz befindet sich ein Quell, der mit der Entstehung Löbaus zusammenhängt. Vor mehr als tausend Jahren lebte ein tapferer Slavenjüngling, Namens M l i n k oder M o n k. Der war zum Sterben verliebt in  M a r j a, die Tochter eines Slavenhäuptlings. Aber er konnte nur heimlich mit ihr zusammenkommen, da der Vater der Geliebten dem Bunde grollte. Einst wandelte er in stiller Mitternacht mit Marja am Ufer eines Stroms. Da erschien den Geliebten plötzlich die Fee Pschipownicza und verkündete Mlink, daß er nur immer gegen Sonnenaufgang ziehen sollte. Dort würde er ein schönes Land finden, das solle er sich erkämpfen. Dann würde Marja sein werden. Da trennten sich die Liebenden. Der tapfere Jüngling bestieg sein Roß und ritt immer gen Sonnenaufgang. Durch Wälder und Sümpfe, Einöden und Schluchten brach er sich Bahn. Mit Riesen und Zwergen, Drachen und bösen Geistern kämpfte er und überwand sie alle.Da kam er in ein reizendes Tal, wo ein herrlicher Bergstrom dahinrauschte. Da rief der Jüngling aus: Jow sso mi lubi, hier gefällt es mir! und er durchstreifte den Wald und kam an einen herrlichen Quell. Da erschien ihm wieder die Fee und befahl ihm, hier eine Stadt zu gründen. Darauf kehrte er zurück an den Hof seines Fürsten und verkündete ihm, welch schönes Land er gefunden. Da machte sich der alte Häuptling auf und der ganze Stamm scharte sich um ihn und sie zogen gen Sonnenaufgang, bis sie in das Tal gelangten, und wo der köstliche Quell entspringt, gründeten sie eine Stadt und verehrten die gütige Fee Pschipownicza. Mlink und Marja aber wurden ein glückliches Paar.

Anm.: Am Rande des fruchtbaren Oberlausitzer Gefildes entstand an der Straße von Bautzen nach Böhmen um 1200 und 1221 erstmals die als "oppidum" angelegte Stadt unter böhmischer Herrschaft. Als Sitz des Convents des Oberlausitzer Sechsstädtebundes (1346-1815) erlangte Löbau überregionale Bedeutung. Nach einem verheerenden Stadtbrand wurde Löbau nach 1710 barock neu errichtet.

Die vorliegende Gründungssage bezieht sich auf das sorbische Dorf "Altlöbau", das bereits 1306 in der Liste vereinnahmter Weichbilddörfer als "Antiqua Lobavia" aufgeführt wurde.

Auf dem Schafberg-Gipfel des Löbauer Stadtberges befand sich bereits vor mehr als 3000 Jahren eine Höhenburg Lausitzer Kultur.
Quelle: Pönicke, Album der Schlösser und Rittergüter in Sachsen. H. XXII. S. 35 Oberlausitzer Kirchengallerie S. 138 fg. Haupt Bd. II. S. 120 fgg.

 

Der Geldkeller auf dem Löbauer Berge

1. Auf dem Löbauer Berge, und zwar in der Gegend des sogenannten Geldkellers, einem Felsen am Prinzensteige, spielten einst zwei Knaben. Dem einen von ihnen entnahm der Wind sein leichtes Strohhütchen und führte es in die Tiefe einer Felsenkluft. Der Knabe weinte und schrie, doch dadurch gelangte er immer noch nicht wieder zu seinem Eigentum.Aus Furcht vor Strafe, die er mit großer Wahrscheinlichkeit zu erwarten hatte, wenn er ohne sein Hütchen nach Hause kehren wollte, gab er sich nun alle mögliche Mühe, es wieder aufzufinden, kletterte und kroch von einem Steine auf den andern und gelangte endlich in die Tiefe der Kluft, ohne aber sein liebes Hütchen ausfindig zu machen. Jetzt entdeckte er eine in den Felsen hineingehende Höhle. Da glaubte er das Gesuchte finden zu müssen und geriet so, ohne daß er es dachte, von Tiefe zu Tiefe, bis sich endlich ein ungeheurer und weiter Felsenkeller seinen staunenden Blicken eröffnete. Hier sah er zwar immer wieder noch nichts von seinem Hütchen, wohl aber erblickte er eine ganze Gesellschaft Herren, die um einen großen Tisch herumsaßen und zu spielen schienen, jedoch kein lautes Wort von sich hören ließen. Im Hintergrunde des Kellers aber standen ganz unermeßliche Braupfannen voll von blanken Talern und Goldstücken. Die stummen Herren winkten dem Knaben freundlich, sich von den angehäuften Schätzen zu nehmen und einzustecken; doch ein gräßlich feuerschnaubender Hund vertrat ihm furchtbar den Weg, daß er fast allen Mut verlor;
von neuem aber winkten die Herren, und der furchtbare Hund zog sich etwas zurück. Auf dringendes und wiederholtes freundliches Zureden wagte es endlich der Knabe, sich heranzuschleichen, ging dann hart bei dem Hunde vorbei, so daß er fast über ihn hinwegsteigen mußte und steckte sich von den blanken Talern und Goldstücken so viel ein, als nur in seinen kleinen Taschen Platz hatte. Nun schon dreister gemacht, da alles ohne Gefahr für ihn abgelaufen war, machte er sich auf den Rückweg, der ihm auch weder von dem feuerschnaubenden Hunde noch von den stummen Herren an dem großen runden Tisch streitig gemacht wurde. Froh über sein unerhofftes Glück, das ihn statt seines strohernen Hütchens einen so großen Schatz finden ließ stieg er nun wieder in der Felsenkluft empor, war ohne viele Mühe und ehe er es dachte, wieder oben auf dem Berge und eilte darauf mit seiner Barschaft vergnügt nach Hause. Der andere Knabe, der mit diesem auf dem Berge war, hatte mit Ungeduld auf die Rückkunft seines Gesellen aus der Felsenkluft geharrt und beinahe schon gefürchtet, daß er wohl unglücklich gewesen sein könne. Doch als er ihn, nicht nur gesund und wohlbehalten, sondern sogar mit reichen Schätzen beladen wiederkehren sah, und es obendrein diesen erzählten hörte, wie leicht und ohne Gefahr er dazu gelangt sei, so stieg auch in ihm der Gedanke auf, sein Glück bei jenen unterirdischen Schatzmeistern zu versuchen. Um auf ähnliche Art sich einen Weg dahin zu bahnen oder wohl gar seine Ankunft in jenem Unterreiche zu verkünden, warf er absichtlich sein Hütchen in die Felsenkluft hinab. Endlich nach langem beschwerlichen und gefährlichen Klettern gelang es auch ihm, den Eingang in den beschriebenen unterirdischen Felsenkeller wirklich zu entdecken.Doch nicht so günstig war sein Empfang, wie er nur kurz zuvor seinem Genossen zuteil geworden war. Denn mit bösen und zürnenden Mienen sahen ihn die stummen Herren an dem großen runden Tische an und bedrohten ihn aufs strengste, wenn er es wagen wollte hineinzukommen; auch der feuerschnaubende Hund bewies ihm schon von weitem seinen ganzen Grimm. Eiligst und so geschwind als er nur konnte, machte der Knabe daher sich wieder auf die Beine und war nur froh, mit heiler Haut und lebendig davongekommen zu sein. Nur mit Mühe konnte er aber den Weg rückwärts finden und die steile Höhe wieder erklimmen, von wo er nun noch obendrein ohne Hut nach Hause kehren mußte.Überhaupt hat die Erfahrung gelehrt, daß diejenigen, die diesen Berg mit Willen aufsuchten und ihre Habsucht mit den ,darinnen befindlichen Schätzen recht geflissentlich zu befriedigen hofften, nie so glücklich waren, die sich angeeigneten Schätze mit sich nach Hause zu nehmen. Ja, ein Löbauer Bürger mußte sogar einst sieben Jahre lang in dem Berge bleiben und in Geduld harren, bis sich ihm der Berg von selbst auftat, denn aus übergroßer Begierde, sich von den erblickten Schätzen so viel als nur möglich zu eigen zu machen, hatte er ganz vergessen, daß der Berg nur eine Stunde lang offen sei und dann Jahre lang sich ihm zuschließen würde. Gern ließ er dann alle und auch die sich schon zugeeigneten Schätze im Stich und war zufrieden, nur seine Freiheit wiedererlangt zu haben.

2. Es begab sich einst, daß eine arme Frau auf dem Löbauer Berge die Türe des Goldkellers gewahrte, wie sie offen stand. Die Zeit aber, wo solches geschah, war an einem Karfreitag morgens früh, als man eben vom Chore die Passion absang. Neugierig und hoffend, einen Schatz und somit ihr Glück darin zu finden, so wie schon mancher anderer vor ihr, ging sie hinein, obschon sie einen größern Schatz, nämlich ihr einziges Kind, auf den Armen trug. Überall glänzten ihr, gleich hellen Karfunkeln, die Gold-, Silber- und Schaustücke entgegen, ,die in großen, mächtigen Braupfannen links und rechts angehäuft dastanden. Niemand aber und nirgendwo ein Wächter dieser Schätze war zu sehen, ein runder Tisch nur stand unfern vom Eingange, und einige Äpfel, so frisch, wie sie nur zur Herbstzeit auf den fruchttragenden Bäumen prangen mögen, lagen darauf. Auf diesen Tisch nun setzte sie das Kindlein nieder, damit es spielen möge mit den herrlichen Früchten, sie aber scharrte und sammelte so viel des blanken Geldes und Goldes in ihre Schürze, als sie nur tragen konnte, und trug es fürbaß aus dem Keller hinaus. Alsbald nun kehrte sie wieder um, daß sie auch ihr Kindlein sich nachholen möge, was sie versäumt hatte über dem unterirdischen Mammon. Aber so Jammer! nimmer und nirgends konnte sie jetzt die Türe des Kellers wieder gewahren, zu der sie doch nur eben hinausgetreten war, und weder Weinen noch Greinen, noch Klagen und Zagen mochten ihr helfen, denn schier nicht eine einzige Spur konnte sie noch wahrnehmen. Gar gern hätte sie nun all ihre blanken Schätze, die sie gewonnen, dahingegeben für den einzigen Schatz, den sie verloren. Und ob sie auch ihr gehabtes Unglück denen anzeigte, die zu Rate sitzen, so konnten sie ihr doch nicht raten und helfen, ja alles Nachforschen und Suchen und Graben war sonder Nutzen, soviel dessen auch auf gemeiner Stadt kosten veranstaltet und vorgenommen werden mochte. Was aber jene schmerzlich betrübte Mutter durch all ihre Sorgfalt und Mühe nicht zu erlangen vermochte, das konnte Geduld und Zeit ihr gewähren, denn als nun endlich wieder die Zeit der Ostern herbeigekommen war und die Stunde, wo man vom Chore herab die Passion absang, ging das Weib abermals hinaus, die Stelle zu suchen, wo sie vorm Jahr so glücklich und doch so unglücklich gewesen, und siehe, da öffnete sich mit einem Male wieder jene unterirdische Pforte mit ihren Karfunkeln gleich blitzenden Schätzen. Sie aber, tränend und fehnend, sieht nichts denn ihr Kindlein, das immer noch auf jenem runden Tische sitzend, wohin sie es einst gesetzt, munter spielte mit den frischen Äpfeln und freundlich die Arme ihr entgegenstreckte. Gar gern wählte sie diesmal für all die toten Schätze den lebenden, doch als sie mit ihm das Sonnenlicht erblickte, erblich das Kind ihr in den Armen.

Nach einem anderen Berichte hätte jedoch das Kind nur eine dreitägige Ohnmacht befallen, und da ein jeder an dem Schicksale der unglücklichen Mutter teilnahm, so habe auch ein wundertätiger Mann ,der Gegend davon gehört. Es sei ihm gelungen, dem Kinde wiederum Leben und Gesundheit zu schenken und zwar mittels heilsamer Kräuter, die nicht weit von jenem Goldkeller wuchsen, weshalb auch ein dasiger Ort bekanntlich der Kräutergarten heißt. Der darauf munter gewordene Knabe war nie mehr auf den Berg zu bringen, mochten seine Gespielen auch noch so fröhlich dahin eilen, und als er zum Jüngling herangewachsen und seine Mutter verstorben war, ging er in die weite Welt und hat da durch Fleiß und Rechtschaffenheit sein Glück gemacht, mochte aber nie von dem Glück etwas wissen, welches nur durch Schätze in Geisterbergen und auf ähnliche Art leicht zu erwerben sei.

3. Nach einer anderen Volkssage soll sich der Geldkeller allemal am Johannistage mittags um 12 Uhr öffnen und sich des Nachts wiederum um die selbe Stunde schließen. Wer nun zur angeführten Zeit in selbigen eintritt und desselben labyrinthische Gänge durchwandelt, wird an deren Ende Haufen von Go1d- und Silbermünzen finden, von denen er sich nach Belieben, soviel er davon will, einstecken kann. Am Johannistage 1516 hatte ein Bauer das Glück, den Eingang geöffnet zu finden; er ging hinein und erblickte mit offenen nüchternen Augen den unermeßlichen Schatz. Zuerst unschlüssig, was er tun oder lassen sollte, entschloß er sich endlich, seine Taschen und Mütze zu füllen und belastet mit der köstlichen Beute den Rückweg anzutreten. Allein vorher schon durch das viele Hin- und Hergehen zweifelhaft gemacht und nunmehr ob seines Glückes trunken, verirrte er sich in den Kreuzgängen, und die verhängnisvolle Stunde, mit welcher sich der Eingang schloß, ertönte. Von Grabesnacht umdüstert sah sich nun der Arme; Klagen, Rufen und Weinen half nichts, da ihn niemand hörte. Endlich versank er in einen tiefen Schlaf, aus welchem er erst das kommende Jahr, am Johannistage, wieder erwachte; allein Taschen und Mütze fand er leer. Durch Erfahrung klug geworden, wollte er die unterirdische Wanderung nicht wieder von neuem beginnen, sondern verließ die Höhle ebenso arm wie er sie vor Jahresfrist betreten hatte.

 

Der vergrabene Schatz bei Löbau

Unweit des ehemaligen Galgens auf dem Löbauer Berge sollen die Franzosen nach der Schlacht bei Bautzen eine Kriegskasse voll Napoleondors begraben haben. Im Volke ist sogar die Entfernung vom Galgen bekannt, leider aber nicht die Himmelsgegend. In den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts sind Holzhacker von einem Fremden nach der Lage des Galgens ausgefragt worden, woraus man sogleich schloß, daß dies ein mit Hebung des Schatzes betrauter Franzose sei.

 

Ein Mörder als feuriger Hund am Löbauer Berge

Vor langen Jahren stand am Fuße des Löbauer Berges tief im Gebüsche ein schmuckes Jägerhaus, welches ein gewisser Bischeber als Förster mit seiner Frau bewohnte. Derselbe war ber in der ganzen Umgebung gehaßt und gemieden, denn er war habsüchtig, grob und hart gegen jeden, der etwas mit ihm zu tun hatte. Seine arme Frau hatte es selbst sehr schlecht bei ihm und fand nicht einmal in seiner Abwesenheit zu Hause einen Trost, denn sie war kinderlos. Vorzüglich war aber sein Haß gegen seinen Schwiegervater, einen reichen Bauer in der Nachbarschaft, gerichtet, weil er sich einbildete, derselbe habe seiner Tochter zu wenig Mitgift gegeben. Nun trug es sich zu, daß ein junger Bürger aus der Stadt Löbau das Herz der zweiten Tochter jenes Bauern gewonnen hatte und daß dieselbe ihm auch ihre Hand zusagte. Bald sollte die Hochzeit stattfinden, und Bischebers Schwiegervater rüstete sich nur noch, die Mitgift für seine Tochter herbeizuschaffen. Er hatte dazu tausend Goldgülden bestimmt, die er in der Stadt irgendwo ausgeliehen hatte und jetzt zurückerhalten sollte. Er machte sich also eines schönen Morgens mit seinem Geschirre auf, um das Geld aus der Stadt zu holen, er hob es auch und lud es, nachdem er es zuvor in einen kupfernen, mit einem Deckel versehenen, Kessel getan, auf seinen Wagen und fuhr schon in der Dämmerung den ihm wohlbekannten Weg in sein heimatliches Dörfchen zurück. Allein er sollte dasselbe nicht erreichen, denn der gottvergessene Jägersmann, welcher seines Schwiegervaters Vorhaben und den Tag, wo derselbe es auszuführen dachte, ausgekundschaftet hatte, lauerte ihn im Walde auf, sprang auf den Wagen und tötete den nichts ahnenden Greis ohne Mühe. Er hob hierauf den schweren Kessel vom Wagen herab und schleppte ihn auf unbetretenen Wegen in seine Wohnung, die Pferde aber trugen ihren gemordeten Führer von selbst auf dem wohlbekannten Wege bis vor sein Haus. Wie erschrak die unglückliche Braut,als sie ihren armen Vater von blutiger Mörderhand erschlagen wiedersah! Es litt sie nicht im elterlichen Hause, sie eilte noch um Mitternacht zu ihrer verheirateten Schwester, um ihr und ihrem Manne das schreckliche Begebnis mitzuteilen. Ihre Schwester glaubte jedoch letzteren noch im Walde, und beide weinten nun über den Verlust ihres besten Freundes.Allein der böse Jäger war wohl zurückgekommen; er steckte in einem Kellergemach, wo er seinen früher schon zusammengescharrten Mammon zu dem blutig erworbenen Sündengelde in den Kessel zu verschließen sich beeilte, weil er beabsichtigte, seinen Schatz noch in derselben Nacht aus dem Hause zu schaffen. Er hatte nämlich unfern des Hauses ein verborgenes Loch im Felsen bemerkt, das durch einen rohen Stein so versetzt war, daß der Uneingeweihte keine Spur einer Höhle gewahren konnte. Indes war aber der Kessel durch das neuhinzugekommene Geld so schwer geworden, daß er sich nur mit großer Mühe transportieren ließ. Wie nun also Bischeber denselben mit großer Mühe nach dem ihm wohlbekannten Orte hinschleppte, versah er gleichwohl in der dichten Finsternis den Weg; sein Fuß geriet in den sumpfigen Wiesengrund, der sich noch heute an dem östlichen Fuße des Berges findet, und hier versank er mit seinem Schatze, doch der trügerische Boden verschwieg sein Grab. Als er früh nicht wiederkehrte, konnte seine Frau nicht mehr zweifeln, daß ihm ein Unglück zugestoßen sei, doch glücklicherweise vermochte sie seine Hauptuntat nur zu ahnen, ein Beweis gegen ihn war nicht vorhanden. Sie begab sich nun zu ihrer Schwester und brachte ihre Tage bei derselben, die sich mittlerweile mit ihrem Bräutigem verheiratet hatte, zu, das Jägerhaus aber, welches niemand wieder beziehen wollte, zernagte der Zahn der Zeit. Allein einige Zeit nachher erschien in der Stunde der Dämmerung ein Licht am Fuße des Löbauer Berges, und ein Holzhauer, der dasselbe näher gesehen haben wollte, behauptete, daß das Licht ein feuriger Hund mit sprühenden Augen sei. Alle, die das hörten, riefen: Das ist Bischeber und sein Schatz, aber niemand getraut sich, sich demselben zu nähern oder den Hund zu erlösen.

 

Der feurige Hund am Löbauer Berge als Schatzhüter

In den sumpfigen Gebüschen am östlichen Fuße des Löbauer Berges läßt sich zuweilen ein feuriger Hund sehen, den manche jedoch für ein gewöhnliches Irrlicht halten wollen. Wer nur demselben mutig folgt, den führt er zur Diamantengrube. So kehrte einst spät in der Nacht ein Herwigsdorfer Bauernmädchen vom Löbauer Jahrmarkt zurück, der Hund begegnete ihr und seltsamerweise hatte sie Mut genug, ihm zu folgen und gelangte auch richtig in einen glänzenden Saal, wo alles im diamantenen Lichte blitzte und strahlte. Den anwesenden Personen gegenüber äußerte sie das doch eigentlich sehr bescheidene Verlangen, nur einen einzigen Diamant zu besitzen, um vermöge desselben zu einem Heiratsgute zu gelangen - ihr Vater hatte ihr nämlich die Einwilligung zur Verheiratung mit einem armen, aber braven Burschen versagt - kaum aber hatte sie diesen verzeihlichen Wunsch geäußert, als der mürrische Feuerpudel sie wütend anfuhr, m1t den Zähnen erfaßte und mit solcher Gewalt in die finstere Nacht hinausschleuderte, daß sie erst unweit ihrer Behausung sehr unsanft auf dem Boden ankam. Ihr Schatz, nachdem er einige Zeit darauf von ihr den erlittenen Unfall erfahren, stellte die Sache klüger an. Die nächste Nacht begab er sich an den Berg in der Hoffnung. die Bekanntschaft des Pudels zu machen, der auch sehr bald schnüffelnd und schnaubend in den Sträuchern erschien und ihn durch seltsame Gebärden zum Folgen einlud. Die Nacht war rabenschwarz und beinah klopfte Christophen das Herz, als er dem feurigen Führer durch das Gestrüpp mühsam nachkletterte. Doch siehe da, bald stand er an der ersehnten Pforte, bald auch in dem geheimnisvollen, köstlich erleuchteten, von Edelsteinen blitzenden Saale; aber er stellte sich entsetzlich dumm und fingierte förmlich Blödsinn, und gerade dadurch erwarb er nicht nur des Pudels gnädigste Gewogenheit, sondern auch die mehrerer anwesenden Berggeister, wie es so oft heutzutage noch vielen wirklich dummen Leuten geht, daß sie andern gefallen. Er bewunderte den schönen Eiskeller, und als man ihm ganze Körbe voll Diamanten zeigte, wunderte er sich über die gläsernen Haselnüsse. Man bot ihm davon an, aber er weigerte sich zu nehmen, weil er das harte Zeug nicht beißen könne; "nun so nimm doch deinem Mädchen wenigstens einige mit! " sagte einer der Geister und füllte ihm alle Taschen mit Diamanten. Hierauf empfahl er sich ziemlich tölpisch, und da der Pudel ihm wieder hinableuchtete, kam er glücklich ins Tal. Er aber lachte sich ins Fäustchen, die Geister getäuscht zu haben, heiratete sein Mädchen, kaufte sich für seinen Reichtum das ganze Dorf, und seine Nachkommen können noch heute lachen.

 

Die Wunderblume auf dem Löbauer Berge

Auf demjenigen Teile des bekannten Löbauer Berges, der wegen der darauf wachsenden Kräuter der Kräutergarten genannt wird, blühet in der Nacht des Tages Johannis Enthauptung mit dem Glockenschlage 11 Uhr eine Blume, welche kein Naturforscher je gesehen oder bestimmt zu haben sich rühmen kann. Ihre Farbe ist purpur mit goldener Einfassung, grün mit Silberrändchen ihre dem Lotos ähnlichen Blätter, veilchenblau ihr Stengel und glänzend himmelblau der Stempel. Sie hat, wiewohl großartiger, der Lilie Gestalt und weit und breit duften - wenn sie ihre Kelch erschließt - ihre Wohlgerüche, denen die lieblichsten Blumendüfte weder in der Alten noch Neuen Welt gleichen. Keines Sterblichen Auge hat je ihre Wurzel erblickt. Im Jahre 1590, als der Löbauer Ratsförster Kajetan Schreier auf gedachtem Berge einen Rehbock blattete, empfanden seine Geruchswerkzeuge jenes wunderliebliche Duften, dessen Ursache er sich nicht zu erklären vermochte, und da der Duft, den der Wind ihm zuwehte, immer stärker wurde, ging er, den Rehbock vergessend, einige Schritte vorwärts. Allein sonderbar, der jeden Schritt und jedes Strauchwerk daselbst kennende Weidmann ging irre und drehte sich in einem Kreise, bis endlich sein Ohr eine sanfte, Üolsharfen- oder Harmonikatönen ähnliche Musik vernahm und er die Wunderblume von magischem Lichte erleuchtet erblickte. Er wußte nicht, was ihm geschah, blieb unentschlossen, ob er hören, sehen, riechen oder die Blume brechen sollte, seine Sinne schwanden, um in kurzer Zeit wieder zu himmlischem Genuß zu erwachen. So stand er zweifelhaft - da verkündete der Zeigerschlag in Löbau die zwölfte Mitternachtsstunde - es blitze, ein Krach erscholl, und die Blume war verschwunden. Nun wußte der Jäger, was er hätte tun sollen, um sich in den Besitz dieses Kleinods zu setzen. Nun erst, aber zu spät, eilte er an den Ort, wo die Blume gestanden, gewahrte aber keine Spur mehr davon, wohl aber wehte der kühle Morgenwind einen Zettel von schwarzem Pergament, der folgende mit goldener Mönchsschrift geschriebene Worte: Mortalis immaculati cordis, qui tempore floris mei fortuito huc venit casu, carpere me potest et uti bonis, quae praebeo, sin minus, fugiat longe enthielt, dem Betäubten zu.

Eine alte, unleserliche Handschrift, die noch anfangs des 18. Jahrhunderts mit dem pergamentzettel in Urschrift, nebst einer gerichtlich aufgenommenen Registratur über die Aussage des Försters, auf der Löbauer Ratsbibliothek vorgezeigt wurde, enthielt folgendes : "Blühet in dem Gärtlein uf dem Löbawer Berge, allein nur aller hundert Johr, gar in der Mitternachts Stund von St. Joannis Enthäuptung gar ein wunderseltsam Blühmlein, von anmuthiger Gestalt undt Gedüft, welches der, so reinen Herzens ist, leicht aus der Erd reissen kan undt dadurch zu hoher Ehr undt vielen Geld gelangt, sintemalen die starke, große Wurz, sowie das Blühmlein selbst von purem Gold, Silver undt köstlichem Gestein ist. Wer sich aber nit wohl sicher weiß, der berühr es ja nit; sonst verleuert er sein Leven.
Wofür Gott behüt."

 

Noch eine Sage von der Wunderblume auf dem Löbauer Berge

Auf dem Löbauer Berge blüht in der Johannisnacht eine Blume, herrlich und schön, und wer sie pflückt, wird zum glücklichen Menschen. Der Stengel ist von grünem Smaragd, an dem Blätter von Rubin wachsen, die weithin durch den dunkeln Tannenwald leuchten. Alles aber übertrifft an Pracht ihr Kelch, der aus einem großen Diamant besteht, dessen Glanz den Mond und die Sterne verdunkeln und aus dem liebliche Gesänge emporsteigen, die zauberisch die stille Nacht durchklingen.

Von dieser Wunderblume erzählt man sich folgende Sage: Die Johannisnacht war auch in Löbau mit mancherlei Schwank und Scherz gefeiert worden; die Lichter erloschen allmählich in den Häusern, da trat ein Mädchen aus einer niedrigen Hütte, die einsam am Fuße des Löbauer Berges sand. Mit verweinten Augen blickte sie hinauf zum Sternenzelt und seufzte :
"Wann wird mein armes Herz Ruhe finden ?" Vater und Mutter und Geliebter waren ihr kurz nacheinander gestorben, und sie hatte heute abend nach alter Sitte ihre Gräber geschmückt und an ihnen gebetet. Da ging sie durch das tauige Gras den Berg hinauf, und vor ihr schwebte ein Irrlicht, dem sie unbewußt folgte. Der Wald wurde immer dichter, die Tannen rauschten traulich in der Einsamkeit. Plötzlich sieht das Mädchen durch die Bäume hellen Glanz schimmern, sie eilt auf die Stelle zu und steht vor der Wunderblume.
So hatte sie ihr einst ihr Vater geschildert, als sie allabendlich, das Köpfchen auf die Hände gestützt, seinen Erzählungen lauschte. Es war ihr, als tönte es aus dem Kelche: Pflück mich ab, pflück mich ab. Und als sie die Blume abgepflückt hatte, erlosch der Glanz derselben und der Wald war wieder dunkel wie zuvor.
Am anderen Morgen fanden Kinder, welche Beeren suchten, das Mädchen tot mit gefalteten Händen liegen. Die Blume hatte es zum höchsten Glück erhoben.

 

Die kegelschiebenden Zwerge auf dem Löbauer Berge

Einst besuchten zwei Löbauer Bürger ganz allein den Berg. Da trafen sie oben zu ihrem Erstaunen eine Menge ganz kleine Leutlein, welche Kegel schoben und sie höchst freundlich und zuvorkommend einluden mitzuspielen. Es wurde geschoben und geschoben bis spät in die Nacht, und als sich endlich, des Spielens müde, die beiden Löbauer empfahlen, machten die Zwerge jedem von ihnen eine Kugel zum Geschenk. Diese waren sehr groß und schwer, so daß, des Tragens müde, der eine sie alsbald ins Gebüsch warf. Der andere aber war klüger und schleppte sich damit bis nach Hause. Da fand sich's denn, daß es eine goldene Kugel sei. Er gelangte hierdurch zu großem Wohlstande, und seine Nachkommen, die man noch heute in der Stadt Löbau kennt, erfreuen sich noch jetzt des Segens dieser goldenen Kugel.

 

Das Galgengespenst bei Löbau

Zur Nachtzeit kommt zuweilen in der Nähe des Galgens auf dem Löbauer Berge auf der Bernstädter Straße eine weiße Gestalt aus den Sträuchern und neckt und verfolgt die späten Wanderer, ja es versucht sogar sle festzuhalten. Eine Frau ward vor einigen Jahren von diesem unheimlichen Galgengespenst verfolgt und beim Mantel ergriffen. Glücklicherweise läßt es sich nicht immer sehen, sondern meist nur im Herbst.

 

Der Holzmann

Geht man von Budissin auf der Löbauer Straße hin, so erblickt man unweit des Dorfes Kittlitz linker Hand ein Birkenwäldchen. In diesem begegnet man zu gewissen Zeiten einem langen abgehagerten Mann von verfallenem Gesichte, mit kleinen stechenden Augen und auffallend spitzem Kinn, welcher mühsam unter einer Reisighocke einherkeucht. Wer ihn grüßt oder gar die gute Meinung hat, ihm seine Last zu erleichtern, dem hockt er auf, erschwert ihm den Weg, treibt allerlei Unfertigkeiten und entläßt endlich die auf diese Art von ihm Gequälten, nachdem er sie derb durchgeprügelt hat. Der Gespenstische war nämlich, als er noch die Weltluft einatmete, ein harter, unerbittlich strenger Holzförster, der die armen Holzlesenden grausam behandelte, und dessen Geist nunmehr bis zur Erlösung zum Herumirren verbannt ist. Von denjenigen, welche ihn grüßen, glaubt er, daß sie ihn kennen, und mit seiner Strafe bekannt sind, und durch ihr Hilfeanbieten ihn nur verhöhnen wollen.

 

Das weiße Pferd zu Löbau

Die Stadt Löbau soll ursprünglich auf dem heute noch sogenannten Löbauer oder Schafberge angelegt gewesen sein, was man aus den naheliegenden Steinen und einem großen Steinwalle, der sogenannten Stadtmauer, geschlossen hat, weil aber ein weißes Pferd des Nachts allemal die Baumaterialien vom Berge wieder herabtrug, hat man den Bau auf dem Berge aufgegeben. Noch heute soll sich aber das Roß in der Nähe des Goldkellers zeigen und wehmütigen Blickes nach seinen heidnischen Priestern suchen.

 

Von unzähligen Überlieferungen ist vielleicht die
Inschrift am Gusseisernen Turm eine der treffendsten und schönsten:

DIE SAGE VON DER WUNDERBLUME

>>Hier blueht nach alter Sage,
Wann hundert Jahre sind verrollt,
Just am Johannistage
Des Nachts ein Bluemlein wunderhold.
Aus gruenendem Gekluefte
Umleuchtet himmlisch schoen,
Verbreitets Balsamduefte
Bei Aeolsharfen Getoen.
Gar sinnig reich gezieret
Mit goldnem Purpurschein,
In seinen Wurzeln fuehret
Es Gold und Edelstein.
Doch wem sich soll erschließen
Sein koestlicher Gewinn,
Dem muß im Herzen fließen
Ein frommer, reiner Sinn.<<

 

Quelle: Emil Borott - Der Löbauer Berg und der Friedrich August Thurm, 1854
 
siehe auch: Georgewitzer Skala - Die Sage vom Rittersprung